Das ist vielleicht der erzählerisch klügste Schachzug, seit Brubaker 2006 Bucky Barnes als den Winter Soldier zurück ins Captain America-Universum gebracht hat. Anhand von Rückblicken wird clever exerziert, wie Terrornetzwerke Menschen dazu bringen, ihnen beizutreten und ihre Ideale zu übernehmen. Steves Mutter Sarah ist keine Rassistin, sie ist eine anständige Frau, aber sie ist bettelarm und einsam.

Im Schutz von Hydra

Dann wird sie eines Tages – wie sich nachher rausstellt gezielt – von einer Frau angesprochen, die ihr in einer Notlage hilft, und freundet sich mit ihr an. Erst relativ spät erzählt diese Frau Steves Mutter von der „Hausfrauengruppe“, die sie regemäßig besucht, und lädt sie ein, mitzukommen. Sarah stimmt zu, und wird bald begeistertes Mitglied – man kümmert sich um den Bau von Spielplätzen, sammelt für Arme, alles durchaus noble Ziele. Alles unter der Schirmherrschaft von Hydra. Zudem ist sie nicht länger allein. Sie hat Freunde, und Hilfe. Und auch ihr kleiner Sohn genießt das Leben in der Gruppe, wo er mit anderen Kindern spielen kann und nicht seinem gewalttätigen Vater ausgesetzt ist.

Captain America

Bild © Marvel

Immer wieder betont Steve, wenn er in diesen Comics von der Vergangenheit erzählt, dass es nicht viel braucht, damit sich ein Leben für immer verändert. Und in diesem Universum also wächst Steve von Kindesbeinen unter dem Schutz von Hydra auf, glaubt an die Ziele, die Ideale. Politisch wie immer zeigt Captain America hier auf, wie schleichend und unauffällig Terrornetzwerke Mitglieder rekrutieren, dass man nicht von Geburt an „böse“ sein muss, um in die Fänge von solchen politischen Organisationen zu geraten.

Eine starke Botschaft

Indem Marvel den aufrechtesten seiner Helden derart dekonstruiert, sendet es gleichzeitig eine Warnung an die Leser weltweit aus: Seid wachsam. Stellt Fragen. Und vor allem: Es sind oft völlig durchschnittliche Menschen, die sich durch Propaganda und gezielte Techniken der Terrornetzwerke zum Extremismus verführen lassen. Obwohl Steve nun bei Hydra und bereit ist, für die Ziele der Organisation alles zu tun, ist er doch auch immer noch Steve. Er hat bloß in der Vergangenheit einen völlig anderen Weg eingeschlagen, weil Hydra zur rechten Zeit am rechten Ort war.

Wie geht es nun weiter?

Das Schöne ist, dass es sich um ein Comic-Universum handelt und wir damit rechnen können, dass Steve am Ende wieder zu sich selbst findet – aber wird er danach noch derselbe sein? Und wäre es nicht großartig, wenn Bucky derjenige wäre, der ihm zu sich selbst verhilft, so wie Steve ihm seinerzeit geholfen hat, der Gehirnwäsche zu entkommen? (Nur als Warnung: Sollte das so geschehen, werde ich wahrscheinlich das Internet vor lauter Ausrufezeichen annullieren. Speichert also besser jetzt schon mal alles, was ihr so braucht.)

Auf jeden Fall: Steve Rogers ist eine ganz großartige, vielschichtige Figur. Ihr solltet ihm eine Chance geben. Kommt schon, ihr wollt es doch auch.

Empfehlungen zu Captain America

Amazon: Captain America – Winter Soldier Ultimate Collection (Taschenbuch)

Amazon: The Return of the First Avenger (BluRay)

Comicexpress: Captain America – Steve Rogers (ab 2016)

 

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